Dem Menschen mit Würde begegnen

„Ich hab gedacht, ich hab Zeit, da geb ich geb was zurück!“, sagt Christina Gollmer und lacht. Sie ist eine von 25 Ehrenamtlichen aus dem Ehrenamtsprojekt „Demenz-Delir“, das im Frühjahr 2019 am Diak an den Start ging. Unter Leitung von Pfarrer Hans-Martin Bauer, Einsatzleiterin Andrea Laun-Tempel, Prof. Dr. Thorsten Steinfeldt, Chefarzt der Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, Priv. Doz. Dr. Birgit Herting, Chefärztin der Klinik für Neurologie und Gerontoneurologie und Elisa Johannsdottir, Stabstelle Weiterentwicklung Pflege, kümmern sich die Ehrenamtlichen um Patienten, die Demenz oder aufgrund einer Operation ein Delir entwickelt haben.

Christina Gollmer ist seitdem nicht mehr nur als „Grüne Dame“ im Einsatz für die Patienten, sondern auch speziell darauf geschult, welche mit besonderem Betreuungsbedarf zu begleiten. „Ich wollte mich einfach noch ein bisschen mehr einbringen und etwas von dem zurückgeben, was ich in meinem Leben schon alles Gutes erfahren habe“, sagt sie weiter. So geht es auch ihrer Ehrenamtskollegin, Birgit Brenner. Sie ist, anders als Christina Gollmer, noch berufstätig. Das Ehrenamtsprojekt ist für sie aber inzwischen zu einer Herzensangelegenheit geworden. „Bei meiner Mutter hatte sich während eines Krankenhausaufenthalts ein Delir entwickelt. Damals hat uns keiner gesagt, was ihr fehlt. Wir waren ratlos und erschüttert. Meine Mutter war vor der Operation noch rege und fit. Danach war sie kaum wiederzuerkennen.“ Für Brenner ist das Demenz-Delir-Projekt eine Möglichkeit, sich dem, was ihrer Mutter einst so belastete, anzunehmen und für sich begreifbar zu machen. „Es sind viele schöne Momente, die ich seitdem mit den Patienten erleben konnte. Das Gefühl, nicht zu wissen, wer hinter der Krankenzimmertür auf mich wartet und mich dann ganz auf den Menschen mir gegenüber einzulassen und seine Bedürfnisse wahrzunehmen, erdet mich und bringt mich zur Ruhe“, sagt sie.

Auch Sabine Handl-Bauer gehört inzwischen fest zum Team. „Mein erster Einsatz war in der Gynäkologie bei einer hoch dementen Frau. Zuerst wusste ich nicht, wie ich mit ihr reden soll. Ich habe dann aber gemerkt, dass im Leben der Frau Körperpflege immer eine große und wichtige Rolle gespielt hat. So haben wir ein gemeinsames Thema gefunden.“ Handl-Bauer ist sich sicher, dass die Dame, kurz nachdem sie selbst das Zimmer verlassen hatte, nicht mehr wusste, dass jemand bei ihr war. Und dennoch: „In dieser kurzen Zeit hat die Dame Freude empfunden.“

Der Hauptantrieb aller Ehrenamtlichen ist es, den Menschen in der Zeit, in der sie sie besuchen, ein bisschen Freude zu schenken, sie abzulenken. Christa Immel ist Krankenschwester im Ruhestand. In ihrer aktiven Zeit arbeitete sie am Diak auf der Intensivstation. Heute, als Ehrenamtliche, kümmert sie sich viel um Delirpatienten. „Mir ist wichtig, den Menschen würdevoll zu begleiten“, sagt sie. Ihr erster Patient wurde aufgrund einer richterlichen Anordnung wegen des Delirs am Bett fixiert. „Es bestand eine enorme Gefahr, dass er sich selbst schadet und seine Drainagen herausreißt.“ In Rücksprache mit dem Pflegepersonal konnte sie dem Mann beide Armfixierungen lösen. „Seine Angehörigen hatten auf dem Nachttisch persönliche Gegenstände gestellt. So habe ich herausgefunden, dass er als LKW-Fahrer viel herumgekommen ist. Das war dann unser Gesprächsthema.“ Für Christa Immel war das, auch nach vielen Jahren Erfahrung in der Intensivmedizin, ein schönes Erlebnis. „Wenige Tage nach meinem Besuch habe ich erfahren, dass der Mann sein Delir überwunden hat. Er konnte sich danach an nichts mehr erinnern, was in der Zeit passiert war.“

Alle vier sind sich einig, dass ihr ehrenamtlicher Einsatz sowohl für die Patienten als auch für das Pflegepersonal eine große Unterstützung sei, hilft er doch, dass die Patienten möglichst schnell wieder in bisheriges Umfeld zurück kehren können. 

Das Demenz-Delir-Ehrenamtsprojekt wurde finanziell unterstützt durch die Baden-Württembergische Landesregierung.