Optimale Versorgung bei Schlaganfall

Nach einem Schlaganfall zählt jede Minute. Denn mit jeder Minute, die ohne Behandlung verstreicht, steigt das Risiko für die betroffenen Patienten eine schwerwiegende Behinderung davon zu tragen oder gar zu sterben.

Der Schlaganfall ist daher die häufigste Ursache für erworbene Behinderungen im Erwachsenenalter. Seit gut einem Jahr gibt es sie, die enge Kooperation der Universitätsklinik Heidelberg mit dem Diakoneo Diak Klinikum in Schwäbisch Hall im Rahmen des Schlaganfall Konsortiums Rhein-Neckar (FAST). Zeit, um eine erste Bilanz zu ziehen.

Die Betonung liegt auf „in der Region“. Denn anstatt, wie in der Vergangenheit, Patienten an andere neuroradiologische Zentren zu transportieren, um dort Blutgerinnsel operativ zu entfernen, geht das heute vor Ort. Seit etwa einem Jahr wird diese Thrombektomie am Diak Klinikum regelmäßig durchgeführt. Ein Spezialist der Universitätsklinik Heidelberg kommt innerhalb kürzester Zeit nach Schwäbisch Hall, um die zertifizierte regionale Stroke Unit am Diak Klinikum zu unterstützen und die Operation durchzuführen. Diese Kooperation erspart den Schlaganfallpatienten einen langwierigen Transport an ein anderes Krankenhaus und ermöglicht somit eine schonende und zeitnahe Versorgung vor Ort.

Das neurologische Team am Diak hat ein geschultes Auge für Patienten, die für eine Thrombektomie in Frage kommen. Oberarzt
Dr. Oliver Sauer hat dazu standardisierte Abläufe definiert. Zunächst werden Patienten in der Notaufnahme am Diak vollständig untersucht. Anschließend erfolgt die Bildgebung in der Radiologie, hier wird festgestellt, ob ein Blutgerinnsel vorliegt. Ist dies der Fall, wird die Neuroradiologie der Universitätsklinik Heidelberg verständigt. Von dort aus macht sich umgehend ein Neuroradiologe auf den Weg.

Priv.-Doz. Dr. med. Fatih Seker aus der Heidelberger Neuroradiologie schätzt die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen am Diak Klinikum sehr: "Ab dem Zeitpunkt, ab dem ich in Heidelberg im Auto nach Schwäbisch Hall sitze, stehe ich im ständigen Kontakt mit den Kollegen vor Ort. Dort arbeiten dann Neurologen, Radiologen, Anästhesisten und Kardiologen bereits Hand in Hand. Das sind etablierte und sehr effiziente Abläufe.“

Bei schweren Schlaganfällen, bei denen große Hirnarterien durch Blutgerinnsel verschlossen sind, bedarf es eines notfallmäßigen minimal-invasiven Eingriffs, der Thrombektomie. Über einen kleinen Schnitt in der Leiste wird ein Katheter bis an das Blutgerinnsel im Gehirn vorgeschoben. Dieses Gerinnsel wird dann über den Katheter herausgesaugt.

Bei Cornelia Schmidt kam diese Methode im Dezember 2020 zum Einsatz. Frühmorgens am Arbeitsplatz erlitt sie einen Schlaganfall – schon Tage zuvor bemerkte sie bei sich auf dem rechten Auge ein Flimmern, begleitet von Kopfschmerzen. Am 17. Dezember dann fiel sie im Büro vom Stuhl. „Glücklicher Weise hat meine Kollegin sofort reagiert und den Notarzt gerufen“, sagt Schmidt. Ihr war nicht sofort klar, dass es sich hier um einen Schlaganfall handeln könnte: „Eigentlich war ich die ganze Zeit bei Bewusstsein, konnte aber nicht sprechen oder mich in irgendeiner Form bewegen. Eine Ärztin hat mir vorsichtig erklärt, dass ich einen Schlaganfall habe, ich jetzt eine Computertomographie bekomme und wie man sich weiter um mich kümmern wird. Danach bin ich erst wieder auf der Intensivstation zu mir gekommen.“

Während Frau Schmidt nicht bei Bewusstsein war, wurde die Thrombektomie durchgeführt. Für sie ein großes Glück, denn: „Als ich wieder zu mir kam, fragte Dr. Sauer mich, ob ich den rechten Arm und das Bein bewegen könne und das ging ohne Probleme“, freut sich Cornelia Schmidt. Es gab kein Anzeichen für sie, dass ein schwerer Eingriff an ihr vorgenommen wurde. Am 23. Dezember., also kurz vor Heilig Abend, durfte sie wieder nach Hause. Ein kleines Weihnachtsgeschenk. „Dank regelmäßiger Ergo- und Physiotherapie geht es mir körperlich wieder gut, auf der rechten Seite ist die Körperwahrnehmung noch etwas eingeschränkt, sonst aber bin ich wieder fit.“ Und dennoch: der Schlaganfall hat bei Frau Schmidt seine Spuren hinterlassen: „Ich bin mental noch nicht so belastbar. Meine Aufmerksamkeitsspanne und auch meine Konzentrationsfähigkeit ist noch nicht die alte. Auch bin ich oft sehr müde.“ Aber auch hier, sagt sie, befinde sie sich auf dem Weg der Besserung. „Ich wünsche mir einfach nur, bald wieder arbeiten gehen zu können“, sagt sie hoffnungsvoll.

Für den Ärztlichen Direktor der Neuroradiologie in Heidelberg, Prof. Dr. Martin Bendszus ist die Kooperation, wie auch der Fall von Frau Schmidt zeigt, ein Erfolgsmodell: „Für den komplexen Eingriff an den Hirngefäßen muss ein Team aus Spezialisten vorgehalten werden, was oftmals nicht möglich ist. Wir freuen uns sehr mit unserem erfahrenen Team hier helfen zu können und zu garantieren, dass die Patienten vor Ort in Schwäbisch Hall versorgt werden können.“

Trotz Coronakrise konnte so im vergangenen Jahr eine optimale Versorgung der Schlaganfallpatienten in Schwäbisch Hall sichergestellt werden. Die Therapie wurde binnen eines Jahres bereits elfmal in Schwäbisch Hall durchgeführt. Alle gesammelten Daten dazu werden wissenschaftlich ausgewertet und zeigen, die Versorgung vor Ort ist in der Qualität vergleichbar zu anderen großen Schlaganfallzentren.

„Das ist für Schwäbisch Hall und die Region ein wichtiger Meilenstein in der Akut- und Notfallversorgung von Schlaganfallpatienten“, sind sich Diakoneo Vorstand Gesundheit, Michael Kilb und Diak Klinikum Geschäftsführer Christoph Rieß sicher. Oberarzt Dr. Oliver Sauer ergänzt: „Auch die Überprüfung unseres Zeitmanagements spiegelt eine positive Entwicklung. So konnten der Beginn der Therapie im Durchschnitt etwa 20 bis 30 Minuten früher erfolgen als im Vergleich zur Verlegung, was die Chance auf ein gutes Behandlungsergebnis wesentlich erhöht.“

Die Zusammenarbeit der Heidelberger Neuroradiologie und den Mitarbeitenden am Diak Klinikum ist sehr gut und wird durch Evaluation sowie einem regelmäßig stattfindenden Austausch gefestigt und weiterentwickelt. So sind sich alle Beteiligten sicher, auf der Basis des bisherigen Erfolgs, muss dieser Weg fortgeführt werden. Der nächste logische Schritt: ein Versorgungsangebot, das nicht nur tagsüber stattfinden kann, sondern rund um die Uhr, an allen Wochentagen.

Die Chefärztin der Neurologie, Prof. Dr. Birgit Herting freut sich über die enge Zusammenarbeit im Haus und mit Heidelberg. Sie ist sich sicher: „Damit entsteht ein Versorgungsnetzwerk, das allen Schlaganfallbetroffenen in unserer Region bald rund um die Uhr die beste Schlaganfallbehandlung auf neuestem wissenschaftlichen Stand ermöglicht.“

Klinik für Neurologie

weitere Bilder